Die norwegischen Russ

Russ vor dem Schloss

Russ vor dem Schloss

Die Abiturienten sind in Norwegen eher unter dem Begriff „Russ“ (ausgesprochen: Rüss) bekannt. Vom 1. bis 17. Mai herrscht an Norwegens Schulen Ausnahmezustand. Die angehenden Abiturienten feiern, gehen Eisbaden und trinken in diesem Zeitraum viel Alkohol  und das alles nahezu rund um die Uhr. Es werden alle Zwänge abgelegt, die Freiheit genossen und die Öffentlichkeit drückt ein Auge zu. All dies geschieht bereits seit über 100 Jahren aus Tradition.

Das Wort „Russ“ nimmt die letzte Silbe der lateinischen Verbform „decorniturus“ auf. So wurden einst die Erstsemester an der Universität in Kopenhagen genannt, als zu deren Einzugsgebiet noch ganz Norwegen gehörte. Übersetzen lässt sich der Ausdruck mit „Ein zu Enthörnender“.

Die Schüler sind in dieser Zeit eindeutig zu erkennen. Ein absolutes Muss sind Latzhosen, bzw. Tischlerhosen, und diese gibt es in vier verschiedenen Farben. Schüler die eine Berufsausbildung anstreben, wie z.B. Koch oder Mechatroniker, sind an ihren schwarzen Hosen zu erkennen. Diese Fachrichtung berechtigt nicht zum Besuch einer Universität. Die weißen Hosen werden von Schülern getragen, die eine sportliche Richtung eingeschlagen haben. Rote Hosen kennzeichnen Schüler, die die Allgemeine Hochschulreife anstreben. Der Fachbereich der Wirtschaftswissenschaften wird durch blaue Hosen gekennzeichnet und diese Schüler sind Absolventen eines Handelsgymnasium. Die Träger der Latzhosen hängen lässig herab und auf der vordern Tasche ist die norwegische Flagge zu sehen. An den Hosenbeinen steht das jeweilige Abschlussjahr und häufig der Schriftzug „Norge“. Mit Stiften unterschreiben die Mitschüler der Clique. In Cliquen ziehen die Russ durch die Straßen und Mieten oder kaufen sich einen Kleinbus in der entsprechenden Farbe. Die dominierende Farbe ist ganz klar Rot. Ein weiterer sehr wichtiger Teil ihres Outfits, ist ihre Kappe. Für jede nach strengen Regeln bestandene Mutprobe dürfen sie sich eine Art Orden an die Mütze anstecken: Wer Sex auf einem Baum hatte, erhält einen Zweig, wer in den 17 Tagen gar keinen Sex hatte, verdient sich eine Sicherheitsnadel. Sexuelle Mutproben stehen bei den Abiturienten fast noch höher als die, bei denen es ums Trinken geht. So können sich Schüler in der Disziplin “17 Sexualpartner in 17 Tagen” versuchen oder sich mittels Sex mit einem gleichgeschlechtlichen Partner Lorbeeren verdienen. Weitere Mutproben sind es: während des Unterrichts unter einem Tisch zu kauern, den Unterricht alle 5 Minuten stören, „Wer küsst die meisten Polizisten?“ oder ein Kasten Bier in 24 Std. trinken und viele viele mehr. An jeder Mütze befindet sich ein Band und neben den Orden ist es das Ziel, so viele Knoten in das Band machen zu dürfen wie möglich. Einen Knoten darf man sich in die Mütze machen, wenn man – vor Zeugen – eine bestimmte Aufgabe gelöst hat.

Die Ausrüstung eines Russ ist mit den Jahren erheblich gewachsen, und das haben sich einige Unternehmer zu nutze gemacht. Es gibt zwei etablierte Ausstatter, welche die Abiturienten mit allen nötigen Utensilien versorgen. In der Regel werden Sammelbestellungen aufgegeben und die Pakete in der Schule verteilt. Zum Inhalt dieser Pakete zählen auch die legendären Visitenkarten mit lustigen Sprüchen und einem Bild des Schülers.

Das Paradoxe an dem 17-tägigen Fest ist, dass zu dem Zeitpunkt die Prüfungen noch gar nicht geschrieben sind. Denn die werden erst in der letzten Woche vor dem 17. Mai, Norwegens Nationalfeiertag, geschrieben. Dadurch, dass sich dieser Brauch mit der Zeit nach vorne verschoben hat und mittlerweile mindestens 17 Tage, anstatt 24 Stunden andauert, wird der Prüfungsrelevante Stoff bereits vor dem 1. Mai wiederholt.

Viele Schüler fahren mit ihrer Gruppe oder Klasse in die Wälder vor Oslo. Dort befindet sich in Tryvann ein Naherholungsgebiet und dies wird an einem Abend zur Partyzone der Russ. Scharenweise  strömen sie dort mit ihren Bussen hin und eine lange rote Autoschlange bildet sich vor dem Gelände. Sicherheitskräfte sorgen dafür, dass nur Russe dort hinein kommen. Presse oder andere ungebetene Gäste haben nur wenig Chancen darauf, auf das Gelände zu gelangen.

Höhepunkt ist der 17. Mai, Norwegens Nationalfeiertag. Dieser Tag wird traditionell mit Paraden, Umzügen, Volksfesten, Ständen, Essen usw. gefeiert. Von den Schulabgängern wird auch eine Russ-Parade zum Nationalfeiertag organisiert, dieser Umzug heißt Russetoget und ist der glänzende Abschluss dieser prägenden und sicher unvergesslichen Zeit.

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Rentierfarm Inga Sami Siida (Vesterålen)

Rentierfarm Inga Sami Siida

Laila und Arild Inga mit ihren Rentieren

Inga Sami Siida ist ein kleiner samischer Familienbetrieb auf den Vesterålen, 4,3 km vom Hauptort Sortland entfernt auf Norwegens größter Insel Hinnøya. Seit 150 Jahren betreibt die Familie in Kvalsaukan ihre Rentierfarm, nachdem die Urahnen mit ihren Herden aus Nordschweden hierher kamen.
Wenn ihr euch für Rentiere und die Rentierzucht interessiert, Rentierfleisch essen wollt oder mehr über die samische Kultur und Tradition erfahren möchtet, seid ihr hier genau richtig…

Laila und Arild Inga begannen im Jahre 2009, ihre Inga Sami Siida für Touristen zu öffnen. Inzwischen zählt sie zu den Hauptattraktionen auf den Vesterålen und empfängt neben lokalen Besuchern, Vereinen und Unternehmen Gäste aus der ganzen Welt. Das Geld, welches die beiden auf diese Weise einnehmen, stecken sie wieder in ihre geliebte Rentierherde. Das touristische Angebot der Farm reicht von einem kleinen Laden, in dem Rentierfelle, samische Messer und Handwerkserzeugnisse erworben werden können, über Gebirgswanderungen, die je nach Wunsch ein bis drei Tage dauern und den Teilnehmern zum Beispiel die Möglichkeit bieten, Rentierkälber zu markieren, bis zu samischen Abenden im Lavvu mit einer guten, traditionellen Mahlzeit, spannenden Geschichten und dem typisch samischen Gesang. Natürlich können die Rentiere gestreichelt und gefüttert, Fotos geschossen und im Winter eine Schlittentour in der herrlichen Umgebung genossen werden. Ihr könnt Euch im Lassowerfen ausprobieren, und im Sommer ist eine kleine Ausstellung mit Bildern und samischen Trachten in der Scheune aufgebaut.
Zudem hat sich Inga Sami Siida zu einem bedeutenden lokalen Rentierfleischlieferanten entwickelt. Ihr könnt auch direkt auf dem Hof welches kaufen.

Die Rentierfarm ist in der Zeit vom 15. Juni bis zum 31. August täglich von 10 – 15 Uhr geöffnet. Aber auch in der restlichen Zeit des Jahres oder in den Abendstunden ist es möglich, vorbei zu kommen. Es empfiehlt sich grundsätzlich vorher anzurufen und sich anzumelden.

 

Weitere Infos:

https://ingasamisiida.no/samiskeopplevelser
https://www.facebook.com/IngaSamiSiida

 

 

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