Minderheiten in Norwegen: Waldfinnen (skogfinner)
Die Waldfinnen gehören seit 1998 zu den fünf anerkannten nationalen Minderheiten Norwegens, welche nach der Unterzeichnung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats von der norwegische Regierung als solche erklärt wurden.
Als Waldfinnen wird die Bevölkerungsgruppe bezeichnet, die am Ende des 16. Jahrhunderts von Finnland nach Schweden und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert weiter in den südöstlichen Teil Norwegens einwanderte. Wie viele Nachkommen dieser Einwanderer es heutzutage in Norwegen gibt, ist nicht bekannt. Etwa 10.000 bekennen sich derzeit zu dieser Minderheit…
Die Ostfinnen hatten von slawischen Völkern die Technik des Brandrodens übernommen, welche in den dichten, unbewohnten Nadelwäldern die geeignetste war, um den Boden für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. In die warme, nährstoffreiche Asche wurde eine spezielle Roggenart, der sogenannte svedjerug, ausgesät. Die Erträge waren gut, ließen aber schon nach wenigen Jahren nach, so dass weitere Waldflächen abgebrannt werden mussten. Dadurch entstand eine Wanderung in immer neue Gebiete.
Rund 12.000 Finnen wanderten so in Richtung Westen nach Mittelschweden. Der schwedische König Karl IX. begrüßte die Einwanderungswelle als Quelle für neue Steuereinnahmen.
Es wird geschätzt, dass 2.000 – 3.000 Finnen um 1640 von Schweden aus nach Südnorwegen einwanderten. Sie ließen sich zunächst in einem Gebiet nahe der Grenze nieder, das heute Finnskogen (Finnenwald) genannt wird. Später besiedelten sie auch Orte weiter westlich bis hin zur Telemark. Der Anteil der finnischen Bevölkerung war insbesondere im Finnskogen so groß, dass in einigen Orten bis ins 20. Jahrhundert die finnische Sprache bedeutender war als Norwegisch.
Typisch für die Kultur der Waldfinnen ist ihre Sprache, sie sprechen einen alten savoischen Dialekt, der Baustil, typische Gebäude sind Røykstua (Rauchstube, diente als Wohnzimmer), Badstua (Sauna) und Ria (Scheune), sowie die Bewirtschaftung des Bodens durch Brandrodung. Im Gegensatz zu den Norwegern nutzten sie Öfen ohne Schornsteine, die eine sehr gute Wärmenutzung gewährleisteten.
Da die Brandrodungen enorme Waldflächen vernichteten, waren die Norweger, die das Holz der Wälder für den Eigenbedarf und den Export brauchten, eher erbost über die neuen Bewohner. Es kam zu Diskriminierungen und Streit. Die Waldfinnen passten sich an, viele verdingten sich als Holzfäller und Förster und stellten die Brandrodungen ein. Nicht wenige hörten aus Angst vor Demütigungen auf, ihre Sprache und Bräuche zu pflegen.
Seit den 1970er Jahren gab es eine Wiederbelebung der finnischen Kultur unter anderem erkennbar an der steigenden Anzahl finnischer Vornamen, einem wachsenden Interesse am Erlernen der finnischen Sprachen, der Ausschilderung mit finnischen Ortsnamen und dem Aufleben des Kontakts zwischen den Organisationen der Waldfinnen in Norwegen, Schweden und Finnland. Das Norsk Skogfinsk Museum (Norwegisches Waldfinnen-Museum) nimmt in dieser Zusammenarbeit eine zentrale Rolle ein.
Jedes Jahr im Sommer werden die Finnskogdagene in Grue (Hedmark), dem “Herz des Finnskogen” veranstaltet. Mehrere tausend Besucher kommen dann, um mit den Waldfinnen am Erhalt ihrer Traditionen und Werte teilzuhaben.
Weitere Infos unter:
skogfinner.no
www.finsk.no
www.skogfinskmuseum.no
(Fotos: www.finnskogdagene.no)
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Stabkirchen
Norwegens wichtigster Beitrag zum Weltkulturerbe sind wohl seine Stabkirchen. Im Mittelalter, als in anderen Teilen Europas riesige Kathedralen aus Stein gebaut wurden, hat sich in Norwegen eine ähnliche Technik bei der Holzbauweise entwickelt. Schiffsbau und Hausbau in der Wikingerzeit führten zur Technik und Tradition, Kunst mit Holzschnitzereien zu verbinden. Dies spiegelt sich in der Bauweise der Stabkirchen wieder.
Ursprünglich gab es in Norwegen etwa 700-850 Stabkirchen, die zwischen dem 11. und 13. Jh. Erbaut wurden, heute gibt es nur noch rund 30. Die geringe Anzahl kam durch Verfall, Abbruch und Zerstörung durch Blitzschlag und Feuer. Viele waren auch so umgebaut worden, dass sie kaum noch als Stabkirchen erkennbar sind. 1905 wurden die verbleibenden Kirchen unter Denkmalschutz gestellt.
Ihren Namen haben Sie aufgrund Ihrer Bauweise bekommen. Denn die Holzbalken, Pfähle oder Stäbe werden nicht, wie bei der gewöhnlichen Blockbauweise horizontal verlegt, sondern senkrecht. Die Dächer werden durch freistehende Eckpfeilern getragen und durch senkrechte Stabplanken wird die Verkleidung geschlossen.
Norwegens meistbesuchte Stabkirche ist gleichzeitig die größte. Sie befindet sich in der Telemark, in Heddal. Ganze 26 Meter ist sie hoch und ca. 20 Meter lang und wurde in der Zeit von 1147 bis 1242 gebaut. Sehenswert sind die reichhaltigen Verzierungen der Türrahmen aus dem 13. Jahrhundet. Im Kircheninneren findet man zahlreiche aufwendige Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert. Der sogenannnte Bischofsstuhl stammt aus der gleichen Zeit. Bis zur Restaurierung im 19. Jahrhundert war die Kirche fast Fensterlos und verfügte nur über einige Luftschlitze. Die Kirche ist dreischiffig und hat eine halbrunde Apsis und ist von einem Laubengang umgeben.
Die Kirche kann ganzjährig besucht werden und in unmittelbarer nähe der Stabkirche findet man eine Ausstellung wo viele interessante Fakten und Austellungsstücke bewundern kann. Der Besuch der Ausstellung ist gratis.
Die älteste Stabkirche Norwegens ist die Urnes Stabkirche in Luster am Sognefjord. Als einzige Stabkirche steht sie auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.